Lesung bei der Künstlerin Rufina Santana in San Bartolomé

am 14.11.2014 - Einführung

 

Warum schreibt jemand ein Buch?

- weil er gerne erzählt und das Schreiben macht ihm Spaß

- weil er sich für Dinge interessiert und sie anderen mitteilen will - in der Annahme, auch andere interessieren sich für das Thema (aber das weiß man vorher nicht so genau).

- weil man ein berühmter, reicher Schriftsteller werden möchte, in Talkshows auftreten, im Blitzlichtgewitter der Frankfurter Buchmesse stehen und irgendwann den Buchpreis des Deutschen Buchhandels erringen will.

 

Sie haben sicher erkannt, welches Motiv in den Bereich der Träume und der Illusionen gehört.

Die ersten zwei treffen allerdings für die meisten Schriftsteller zu, auch für mich: das Buch habe ich geschrieben, weil ich Spaß am Schreiben habe und weil ich andere an meinem Interesse teilnehmen lassen will, ja sie vielleicht für mein Thema begeistern kann: das heißt LANZAROTE.

 

Ein Buch über Lanzarote zu schreiben, da kommt noch etwas anderes hinzu. Auf dieser Insel leben viele großartige und bekannte Künstler, Maler, Bildhauer und Fotografen, angefangen von Cesar Manrique und Aguirre Ildefonso, Rufina Santana über Paco Curbelo, Christian Honerkamp, Aquilino usw. Es ist kein Zufall, dass sie auf Lanzarote arbeiten. Diese Insel ist, wie ich meine, eine unerschöpfliche Quelle der Inspiration. Sie regt an, von ihr geht eine Energie aus, die kreative Kräfte freisetzt und zur individuellen Entfaltung kommen lässt.

In meinem Buch habe ich das so beschrieben: „(Die Insel ist) Ein Meer voller Motive und Vorlagen, Impulse und inspirierender Anregungen für künstlerisches Gestalten und kreatives Schaffen: ein Naturkunstwerk als Künstlerwerkstatt! …"

Die Insel ist eine unerschöpfliche Quelle persönlicher, kultureller und künstlerischer Bereicherung und Inspiration - die Insel ist ein Virus. Und wir spürten, dass auch wir davon längst befallen waren“ (S. 181).


Sich mit Lanzarote literarisch zu beschäftigen, das hat die gleichen Ursachen, ohne dass ich mir anmaße, auch nur in geringstem Maße mich in eine Reihe mit den eben genannten großartigen Künstlern zu stellen. 

Aber die Antriebskräfte, seine Gedanken, Erlebnisse und Erfahrungen auf Lanzarote literarisch als Buch zu verarbeiten - und ich meine jetzt nicht den Reiseführer voller Informationen und Hinweise -, diese Antriebskräfte liegen - ich sage es mal etwas  hochtrabend - in der einzigartigen Inspirationskraft der Insel begründet. 


"Unterwegs auf Lanzarote" - heißt der Titel meines Buches, mit dem Untertitel: „Begegnungen auf einer faszinierenden Insel“. In Titel und Untertitel ist eigentlich schon alles ausgedrückt, was in den einzelnen Geschichten zum Ausdruck kommt.

Im Grunde sind es drei grobe Inhaltsfelder, die ich in 3 Aphorismen zutreffend beschrieben gefunden habe.

 

1. Der erste stammt von Johann Wolfgang von Goethe. Er hat gesagt:
„Nur, wo du zu Fuß warst, warst du wirklich.“

Er ist ein Plädoyer für die aktive Aneignung und Durchdringung von Landschaft und Natur.

Ob es die Geburtstagswanderung auf dem Panoramaweg zwischen Femes und Yaiza ist, die Rundwanderungen über die Caldera Blanca oder den Pico Partido, der Aufstieg auf den Guidilama, die Lavawanderungen an der wilden Westküste oder die wunderbare aussichtsreiche Tour durch den Botanischen Garten im Norden bei Haria ist - wenn man die faszinierenden Landschaftsbilder wirklich in sich aufnehmen will, muss man die Touristenpfade verlassen und die Landschaften zu Fuß erwandern.

Und wenn man noch fit genug ist, um auf einen Vulkangipfel oder einen Kraterrand hinaufzusteigen, dann erschließt sich einem die grandiose Insel vollends. Dann warst du wirklich dort.

Ich habe Spaß daran gefunden, die Eindrücke auf 7 Wandertouren zu beschreiben, darunter 3 auf wunderbare Gipfel, und zwar nicht im Stil eines Reiseführers, sondern als persönliche Erlebnisberichte, in denen auch unterhaltsame, amüsante, überraschende Geschehnisse sich ereignen.


2. Guy de Maupassant, ein bekannter französischer Erzähler hat einmal gesagt:

„Es sind die Begegnungen mit Menschen, die das Leben lebenswert machen.“

Begegnungen sind der Stoff, aus dem Geschichten geschrieben werden.

Vor 25 Jahren haben wir zum ersten Mal den alten Mann an den Salinen von Janubio gesehen und einige Jahre hintereinander immer wieder, und obwohl wir kein Wort miteinander gewechselt haben, ist daraus meine erste Geschichte geworden. Später dann sind wir hilfsbereiten, selbstlosen Lanzarotenos an der Playa Madeira begegnet, haben die Kunsthandwerker Jose und Juan kennen gelernt, sind mit Rufina Santana und anderen Künstlern zusammengetroffen - immer haben diese Begegnungen so einzigartige und nachhaltige Eindrücke hinterlassen, dass es mir ein Bedürfnis war, sie in Geschichten festzuhalten. 


3. Von dem schottischen Philosophen David Hume (18.Jahrt) stammt der Satz, den ich leicht verändere:

„ Die Schönheit der Dinge entfaltet sich in den Seelen und Herzen desjenigen, der sie betrachtet“. 

In einem Zeitschriftenbeitrag habe ich Lanzarote die „Schwarze Schöne“ genannt (der Begriff stammt aus der SZ). Viele Besucher der Insel sehen hier nichts besonders Schönes - eher öde, dunkle, unwirtliche Mondlandschaften. Andere fühlen sich geradezu angezogen von der magischen Ausstrahlungskraft von bizarren Lavafeldern und aufgeworfenen Schlackebrocken, bunt schimmernden Vulkankegeln und schroffen Felsenküsten  - und sehen unendlich viele schöne Dinge, im Detail wie im Großen und Ganzen. Es sind die Inselliebhaber, die ständig Neues sehen und entdecken und die das Bedürfnis haben, andere anzustecken, sie ebenfalls zu begeistern, damit sich die Schönheit der Dinge in ihren Herzen entfalten kann - zu denen gehöre ich und in meinen Geschichten begegnet man sehr vielen schönen Dingen.

Der Kreis schließt sich - ich bin wieder da, wo ich am Anfang gestartet bin: bei der lanzarotespezifischen Inspirationskraft.


Und wenn man schon einmal sich für die Insel interessiert, stößt man unwillkürlich auf weitere Themen, die einem plötzlich in ihren Bann ziehen: da gibt es ja auch noch eine spannende Geschichte der Insel, eine geologische - wie ist Lanzarote eigentlich entstanden und was hat es mit dem Vulkanismus auf sich? - es gibt eine wechselvolle  historische Geschichte - hier gab es einmal Ureinwohner, ein Königshaus, eine Prinzessin Ico, dann kamen die Spanier -, all den Folgen dieser geschichtlichen und geologischen Ereignisse begegnet man heute auf Schritt und Tritt, man kann sie überall sehen. Sie fordern mich auf, sie zu erkunden, zu recherchieren, aufzuschreiben.


Und schließlich gibt es ja auch noch belletristische Literatur über Lanzarote - Mararia und Yaiza - berühmte Bücher, die einem viel über Lanzarote sagen können. Es war mir eine Freude, sie literarisch in einer meiner Geschichten zu verarbeiten.


Und zu allerletzt: es bereitet mir bisweilen Spaß, mit Sprache zu spielen. Deshalb habe ich es auch nicht lassen können, einige wenige Gedichte zu verfassen und im Buch aufzunehmen.


Meine Begeisterung für die Insel habe ich in fast allen Geschichten versucht, „rüberzubringen“. Vielleicht - hoffentlich - wirkt sie ansteckend.

So, jetzt wissen Sie, was Sie in meinem Buch erwartet und warum ich es geschrieben habe.